Watte
Heute ist wieder so ein Wattetag. Ich wache auf, checke, wie jeden Tag, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, liegen zu bleiben, und beschließe, ja es gibt sie und döse weiter vor mich hin. Neben dem Bettlaken, das mein Fenster verdunkelt, sehe ich Licht. Sonne. Und ich höre Vögel zwitschern, ein guter Tag, finde ich. Ein guter Start. Irgendwann fange ich an zu lesen, und damit ist der Tag eigentlich schon gelaufen. Gierig, immer weiter lese ich mich durch das 600 Seiten-Buch, das ich nur lese, weil….ja warum eigentlich? Damit ich später sagen kann, meine Güte, der King hat echt schon besser geschrieben, wo ist das Genie, der Wahnsinn, der mich immer so begeistert hat? Weil ich immerhin die ersten drei und den letzten, den 7. Band der Geschichte gelesen habe, so als sei ich jetzt dazu verpflichtet diesen 6. zu lesen? Seis drum, ich lese es bis zum Ende, und da ist es auch schon halb zwölf. Aufstehen, zwei, drei Espresso trinken und an den Schreibtisch, schließlich mache ich ja heute home-office, zwinkerzwinker. Nach einer Stunde ödet mich die Arbeit an, wozu überhaupt, denke ich, meine Chefin wird es eh nicht mögen und ständig rumnörgeln und wozu überhaupt, denke ich, wo doch die nächste meine letzte Woche sein wird. Ich zwinge mich nach draußen, in die Wärme, die Sonne, das Licht. Und da bemerke ich, dass es nicht an der Isoliertheit meiner Wohnung lag, sondern an mir selbst, dass ich so verloren und watteverpackt durch den Tag schwimme. Hier im Viertel ist, wie immer, viel Leben und ich trotte teilnahmslos an allem vorbei, den Müttern, den Hunden, den Gemüsehändlern. Ich mache ein paar Besorgungen, jage mir einen Lahmacun, und kehre in die Stille der Wohnung zurück. Und nun, da ich nichts weiter mit mir anzufangen weiß, stelle ich fest, ich habe Langeweile. Tonnen von Watte umgeben mich.
Mme N - 16. Feb, 18:07